Und der Weg dahin ist deutlich länger als meine Lebensjahre vermuten lassen. Denn da wären der eine Großvater, meine Mutter und dann erst ich.
Oma-Opa-Besuche waren, da meine Familie viele Jahre in der Schweiz lebte, seltene Ereignisse. Wenn ich mal bei den Eltern meiner Mutter war, blieb mein Opa (Max Ludwig) für mich eine Figur im Hintergrund. Eine der wenigen Erinnerungen an ihn, die ich habe, zeigt ihn still und konzentriert in einem kleinen Zimmer vor der Staffelei sitzen – eine Tüte Haribo Colorado stets in Reichweite. Mit Akribie und Hingabe entstanden bildfüllende Blüten von Sonnenblumen, seinen Lieblingsblumen, und Blumen-Stillleben. Die Bilder leuchten und es strahlt aus ihnen seine Freude am Schönen. Er hatte auch große Freude daran, Bilder anderer Künstler zu kopieren.
Nach dem Tod ihres Vaters begann meine Mutter (Dorothea Petry, geb. Ludwig) zu malen. Ihr erstes Bild war eine Allee. Dunkel, melancholisch und beschützend zugleich. Traurigkeit und Schönheit in einer Darstellung. Das Gemälde ist bis heute eines meiner Lieblingsbilder von ihr. Mit der Zeit wurden ihre Motive – Stillleben und Landschaften – leichter und farbenfroher. Und nicht zu vergessen – ihr Garten. Der sieht aus wie ein Gemälde voller Leben, das seine Erscheinung ständig verändert.
Bei mir war es zuerst die Fotografie. Erst Anfang der Nullerjahre begann ich zu malen. Neben der reinen Freude am Malen, dem endlosen Spiel mit Farben, Formen und Materialien rückt immer mal wieder das Arbeiten mit gebrauchten Dingen in den Vordergrund: ausgemusterte Rückwände von Möbeln, Altkleider, Platten aus recycelter Pappe, Altpapier, ...
Was mich umgibt, saugen meine Augen auf wie ein Schwamm. Und auch das, was ich zu Papier und auf die Leinwand bringe, wirkt wieder auf mich ein. Es ist auch auf dieser Ebene ein endloses Spiel.
Das, was mich zum Malen gebracht hat, ist ein Teil meiner Familiengeschichte. Wer also bin ich? Ich bin Autodidaktin in dritter Generation.